Provokation

Herausforderung

Absurdes und Nachdenkenswertes aus den sozialen Medien kommentiert von Georg Rieger

Corona jagt Dr. No »Der Geist des neuen Lebens in der Gemeinschaft mit Jesus heißt: unbedingte Brüderlichkeit und Solidarität, uneingeschränkte Gerechtigkeit und Bereitwilligkeit unsern Mitmenschen gegenüber. Wenn die Sündenerkenntnis und die Glaubenskraft des Evangeliums schon schwer zu fassen sind, so ist es diese seine soziale Botschaft vielleicht noch mehr. Auch ernste Christen schütteln heute noch den Kopf, wenn es sich darum handelt, mit diesem ›Für euch!‹ ernst zu machen. (...) ›Für uns!‹, das wäre vielen die natürlichere Losung. Und doch sind wir so elend und ist unsre Welt so kümmerlich, solange wir dieser Losung folgen, solange wir wirklich ›für uns‹ leben.« (Karl Barth, Predigt zu 1. Kor 11,23-26, in: Predigten 1913 (GA I.8), 112f).
Übersehene Held*innen »Wenn wir die Menschheit ansehen könnten mit den Augen Gottes, dann würden wir sehen, wie die als die Großen, als die Helden dastehen: die einsamen Ausgelachten, Angefochtenen, Zurückgewiesenen, die stillen Beter, Kämpfer, Liebhaber, Hoffer, da ein paar, dort ein paar zerstreut über die weite Erde, übersehen von den Gelehrten und Fürsten und Diplomaten und Feldherren, die scheinbar die Geschichte machen, übertönt vom Knittern der Banknoten und vom Donnern der Kanonen, auf die scheinbar Alles ankommt – sie [diese übersehenen Helden] sind's, die in Wirklichkeit der Weltgeschichte den Sinn und die Richtung geben.« (Karl Barth, Predigt zu Mt 10,21-22, in: Predigten 1916 (GA I.29), 142). 
Zeit die Bibel zu lesen »Alle Theologen reisen heute. Ich fürchte, daß eine riesige Mehrheit der Theologen, anstatt zu Hause zu bleiben, in Autos, in Wartesälen, in Zügen oder in Flugzeugen sitzt. Wann haben sie alle Zeit, die Bibel zu lesen? Dauernd spricht man vom Dialog. Es gibt auch Modefragen. Zu der Zeit, als ich studierte, galt die Meinung, man müsse viel Zeit auf die Psychologie verwenden. Heute sagt man dasselbe von der Soziologie. Und doch sollten die Christen etwas spezifisch Eigenes und Neues zu sagen wissen, was eigentlich nur von ihnen zu erwarten ist. Was uns heute nottut, ist fast ein neuer Pietismus.« (Karl Barth, Gespräch mit polnischen Christen (1967), in: Gespräche 1964-1968 (GA IV.28), 390)
Thüringer Urnengang »Oder erinnert euch an gewisse Wahlen dieses Jahres. Was war das zuerst für ein Treiben mit Zeitungsinseraten, Herumlaufen, Intrigieren vorne- und hintenherum, was für Kniffe und Pfiffe sind da angewendet worden, und wie hat es sich nachher gezeigt, dass die große Menge gar nicht daran denkt, nach Verstand und Gewissen zu wählen, dass sie stimmt, wie ein paar Tonangeber es von ihr verlangen oder wie sie es aus jämmerlicher Furcht, ihre Stimmabgabe könnte bekannt werden, nicht anders tun durften! Das alles sind Dinge, die in eine Demokratie, d. h. in einen Staat, in dem Jeder mit persönlicher Verantwortlichkeit am Staatsleben beteiligt ist, schlechterdings nicht passen.« (Karl Barth, Predigt zu Psalm 62,12, in: Predigten 1913 (GA I.8), 484)
7 Wochen ohne
Holger Pyka
Schöpfungsgebot »Wer sich willentlich (...) an Nahrung und Schlaf das Nötige abbricht, der wird, wie er sich auch im Übrigen rechtfertigen mag, nicht nur zu bedenken haben, ob er das kann, sondern auch, ob er das darf? Und wer theoretisch oder praktisch die große, besonders in der Religionsgeschichte so oft verwirklichte Möglichkeit des freiwilligen Zölibates bejaht, der wird, auch wenn er solches um des Himmelsreiches willen tut, sich der Frage nicht entziehen dürfen (...), wie sich solche arbiträre Nicht-Betätigung des Geschlechtsbedürfnisses nun eigentlich zu dem Schöpfungsgebot des menschlichen Lebens, in das doch auch dieses Bedürfnis eingeschlossen ist, verhalten möchte.« (Karl Barth, Ethik I (1928), in: GA II.2, 213f)
Immun »Sein primitivstes Werk ist des Menschen Versuch, sich dem ihm gesagten Wort der Wahrheit gegenüber indifferent zu stellen, zu tun, als wäre nichts geschehen, dem Vogel Strauße gleich seinen Kopf in den Sand zu stecken. Sein schon raffinierteres Werk ist des Menschen Kunst, sich diesem Wort gegenüber durch den Entwurf seiner Weltanschauungen ein scheinbar wasserdichtes Alibi zu verschaffen. Sein höchstes und gefährlichstes Werk ist des Menschen Unternehmen, dieses Wort dadurch zu immunisieren, daß er sich, um sich ihm desto sicherer zu entziehen, als dessen christlich gläubiger Anhänger, Bekenner und Verkündiger ausgibt.« (Karl Barth, KD IV/3, 299)
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