Psalm

Psalmmelodien zum Mitsingen und -summen

Wöchentlich werden hier alte und neue Psalm Melodien zum Hören und Mitsingen bereitgestellt. In diesem Jahr sind hier die Kommentare von Dr. Alfred Rauhaus zum Psalm der Woche zu lesen. Zwischen 1995 und 2005 wurden sie im "Sonntagsblatt für evangelisch-reformierte Gemeinden" veröffentlicht. Wir danken Herrn Dr. Rauhaus für die Zustimmung zur Veröffentlichung..

Psalm 33

„Der Psalm schließt mit einem Ausblick: die lobende Gemeinde wartet auf ihren Herrn, sie späht aus nach seinem Kommen. Darum bestimmt Freude und Vertrauen ihre Gegenwart in der Nähe Gottes. Sie erwartet seine huldvolle Zuwendung. Schöpfung und Geschichte sind von ihm schlechthin abhängig. Darum ist alle Macht der Völker nichtig. Im Glanz seiner Weltherrschaft zeigt sich, wer im Regiment sitzt. In der Advents- und Weihnachtszeit schaut die neutestamentliche Gemeinde auf das Kommen Gottes aus, das mit dem Namen Jesus Christus untrennbar verbunden ist.“ (H.J.Kraus) 

Die Bereimung von Matthias Jorissen ist sehr bekannt und leicht singbar. Auch in einem Adventsgottesdienst kann dieser Psalm gesungen werden.

1. Jauchzt alle, Gott sei hoch erhoben! / Gerechte, freuet euch des HERRN! / Den Frommen ziemt es, ihn zu loben. / Schön ist es, und er hört es gern. / Gebt dem HERRN die Ehre, / dass es jeder höre, / mit der Harfen Klang! / Eures Psalters Saiten / müssen froh begleiten / euren Lobgesang.

2. Ihn muss ein neues Lied erheben, / sein Ruhm wird sichtbar überall. / Kommt, singt, ihm Ehr und Macht zu geben, / mit Saiten- und Posaunenschall! / Was er spricht und lehret, / ist wahrhaft bewähret. / Sein Wort ist wie er. / Er hält sein Versprechen, / wird sein Wort nie brechen, / ja, er tut viel mehr.

3. Vollkommen, heilig ist sein Wille, / er liebt Recht und Gerechtigkeit. / Die Erde trägt des Segens Fülle, / da alles Gottes Güt erfreut. / Über unsrer Erde / hieß sein Wort: Es werde! / Himmel feste stehn. / In der weiten Ferne / hieß sein Geist die Sterne / auf- und untergehn.

4. Wer könnte seiner Macht entgehen? / Er herrscht und wirket fern und nah. / Seht, wenn er spricht, so ist’s geschehen, / wenn er gebietet, so steht’s da. / Aller Heiden Dichten / wird sein Wink vernichten. / Wenn mit vieler Müh / Völker sich beraten / zu gewaltgen Taten, / er vereitelt sie.

5. Der Rat des HERRN steht ewig feste, / er bleibet stets sich gleich gesinnt. / Sein Wille ist der allerbeste / für uns, für Kind und Kindeskind. / Heil dir, Volk auf Erden! / Was wird aus dir werden? / Gott hat dich erwählt. / Hieß der HERR euch kommen, / Heil dann euch, ihr Frommen, / die ihr ihn erwählt!

6. Er schaut auf uns in Freud und Schmerzen, / gibt, dass wir wirken, dass wir ruhn. / Er bildet unser aller Herzen / und siehet eines jeden Tun. / Nie macht sich ein König / Völker untertänig / durch die Heereskraft. / Nimmer können Helden / einen Sieg vermelden, / den ihr Arm verschafft.

7. Sprich nicht: Nun wird mein Arm doch siegen, / denn mir kann niemand widerstehn. / Auch Heereskraft wird dich betrügen / und muss gar bald zugrunde gehn. / Gottes Auge schauet / den, der ihm vertrauet, / mit Erbarmen an. / Ja, wie bald erfähret, / wer die Güte ehret, / was die Allmacht kann.

8. Er schützet seiner Diener Leben, / er rettet vor dem nahen Tod, / und er wird Brot in Fülle geben / in Teurung und in Hungersnot. / Drum wird’s unsern Seelen / nie am Guten fehlen, / denn sie harren sein. / Er ist Schild und Stärke, / und zu jedem Werke / gibt er uns Gedeihn.

9. Kommt, lasst uns immer auf ihn schauen, / da unser Herz sich seiner freut, / auf seinen heilgen Namen trauen / und ihn erhöhn in Freud und Leid. / Gib, dass uns behüte, / Vater, deine Güte. / Halt dein Vaterherz / immer für uns offen, / wie wir auf dich hoffen, / heilge Freud und Schmerz.
Melodie: 1543 / Genf 1551 / Text: nach Matthias Jorissen 1973


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Chormusik zum Genfer Psalter, Domkantorei Berlin
Psalm 143

„In diesem Psalm geht es um die Erneuerung des Lebens und Wandels. Die Intention dieser Verse ist fraglos die der Buße, der Hinkehr des ganzen Lebens zum Gott Israels. Demgegenüber ist die Bitte in 12 durchaus situationsbestimmt. Der Beter ist ein Verfolgter. Die Überwindung der Feinde wäre eine Erweis der Hilfe und Zuwendung Gottes.“ (H.J. Kraus)

Die Bereimung von Matthias Jorissen unterstreicht den Bittcharakter des Psalms. Durch den gleichlautenden Schluss der Str. 1 und 8 erreicht die Bereimung eine große Geschlossenheit. Die Melodie ist eindrucksvoll und leicht singbar.

1. Vernimm mein Flehen, HERR, und höre, / wenn ich mich betend zu dir kehre. / Merk auf, wenn meine Stimme schreit / nach deiner Wahrheit treuer Lehre / und deiner Allgerechtigkeit.

2. Denn willst du Lohn nach Werken geben, / so muss ich, HERR, vor dir erbeben. / Ach, geh mit mir nicht ins Gericht! / Wer ist von allen, die hier leben, / gerecht vor deinem Angesicht?

3. Der Feind verfolget meine Seele, / sucht, wie er mich zu Tode quäle, / und drückt mich in den Staub hinab, / dass mir in einer finstern Höhle / bei Toten ist bereit das Grab.

4. Schwer sind die Lasten, die ich trage, / mein Geist erliegt und ich verzage, / da lange ich umsonst geharrt. / Mich drückt, mir droht so manche Plage, / dass oft mein Herz vor Angst erstarrt.

5. Ich wende meine trüben Blicke / auf alte Zeiten matt zurücke. / Ich schaue deine Taten an / und suche das, was mich erquicke, / in dem, was einst dein Arm getan.

6. Hilf, dass ich deine Gnade merke, / dass sie mich jeden Morgen stärke, / im Glauben deinen Weg zu gehn. / Lehr mich durch alle deine Werke / in dir den treuen Führer sehn.

7. Lehr mich mit deinen Kindern allen / stets tun nach deinem Wohlgefallen, / mein Gott, sieh mich in Gnaden an! / Mich führ, so lang ich hier muss wallen, / dein guter Geist auf ebner Bahn!

8. O HERR, um deines Namens willen / komm, meinen Durst nach dir zu stillen, / führ meine Seel aus Not und Streit. / Du wirst mir ja dein Wort erfüllen / nach deiner Allgerechtigkeit.
Melodie: Straßburg 1539 / Lyon 1547 / Text: nach Matthias Jorissen 1793


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 19

Psalm 19 besteht aus zwei Teilen: einem „Naturpsalm“ (V.1-4) und einem „Gesetzespsalm“ (V.8-15), und schließt mit einem Bittgebet. Beide Stücke waren ursprünglich unabhängig. Ihre Zusammenfügung macht eine wichtige Aussage: Der Gott Israels, der Herr der Welt, den die ganze Schöpfung wortlos verherrlicht, ist derselbe, der durch seine Weisung zu Israel spricht. Der Ordnung des Kosmos durch die Naturgesetze Gottes entspricht die Ordnung der Menschenwelt durch Gottes Gebot.

Psalm 19 ist in einer A-Fassung und einer B-Fassung im Psalter vertreten. Die neuere Bereimung ist symmetrisch gebaut und versucht, beide Teile des Psalms gleichgewichtig zur Geltung zu bringen. Gestaltungsvorschlag: Von Psalm 19 A sollten immer alle Strophen zu Gehör kommen. Die Gemeinde könnte zunächst Str. 1 singen, dann werden die Strophen 2+3 verlesen; darauf singt die Gemeinde Str. 4; dann wird Str. 5 verlesen; zum Abschluss singt die Gemeinde Str. 6.

19A
1. Der hohen Himmel Chor trägt Gottes Ehre vor, / erzählt von seiner Macht. Ihn preist mit Jubelruf / das Werk, das er erschuf, des Firmamentes Pracht. / Tag kündet Tag erregt, von Gottes Glanz bewegt, / sein Lob mit hellem Munde. Nacht offenbart der Nacht / von dem, der sie gemacht, geheimnisvolle Kunde.

2. Zu Gottes ewgem Ort steigt ohne Sprach und Wort / der Schöpfung Lobgesang. Von Menschen ungehört / erhebet sich und ehrt ihn reiner Töne Klang. / In alle Lande dringt, was ihre Stimme singt. / Ihr Schall geht ohne Wende bis an der Welten Saum, / füllt aller Zeiten Raum, kennt weder Halt noch Ende.

3. Er hat der Sonn ein Zelt am Himmel aufgestellt, / darin sie ruht zur Nacht. Wie sein Gemach zum Fest / ein Bräutigam verlässt, strahlt ihres Aufgangs Pracht. / Sie freut sich, ihre Bahn vom Ost zum Ozean / stark wie ein Held zu ziehen. Von ihrem Licht erhellt / kann in der ganzen Welt nichts ihrer Glut entfliehen.

4. Des HERRN Gesetz ist gut. Es macht der Seele Mut. / Sein Zeugnis ist gewiss. Der Unverständgen Sinn / lenkt es zur Weisheit hin aus tiefer Finsternis. / Des HERRN Gebot erfreut das Herz zu jeder Zeit / mehr als des Goldes Menge, macht unsre Augen hell, / ist aller Wahrheit Quell, bleibt in der Zeiten Länge.

5. HERR, durch dein heilges Recht lässt warnen sich dein Knecht, / folgt deiner Weisung gern. Denn wer sie hält und ehrt, / dem wird gewiss gewährt der große Lohn des HERRN. / Doch, ach, wer merkt und sieht mit wissendem Gemüt / auch die verborgnen Sünden? Von unbewusster Tat / lass, HERR, durch deine Gnad mich in die Freiheit finden!

6. HERR, deinen Knecht bewahr vor Frevlern immerdar, / leit mich nach deinem Rat, dass ich unsträflich sei / und immer bleibe frei von großer Missetat. / Lass wohlgefallen dir, was ich geredet hier, / gefleht in deinem Namen. Mein Herzenswort erhör! / Du bist mein Fels, o HERR, und mein Erlöser. Amen.
Melodie: Straßburg-Genf 1542 / Lyon 1548 / Text: Alfred Rauhaus 1990


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 38

In den Unschuldspsalmen (z.B. Ps 26) kämpfen Angeklagte um ihr Recht. Die Beter dieses Klageliedes aber treten im Bewusstsein ihrer Schuld vor Gott (vgl. Ps. 51). Sie wissen, dass ihr Elend durch eigene Dummheit und Verfehlung verursacht ist. Sie rechnen mit dem Schlimmsten (V. 18) und geben doch die Hoffnung auf eine gütige Zuwendung Gottes nicht auf. Im Hebräischen hat der Psalm so viel Verse, wie das Alphabet Buchstaben hat. Er ist ein kunstvoll gebautes Gebetslied.

Die Bereimung von Matthias Jorissen ist 200 Jahre alt, kann aber noch heute mitvollzogen werden. Die Melodie des Reimpsalms ist in kurzen Strophen gebaut und leicht singbar. Neben der Verwendung im Gottesdienst kann der Psalm auch das Gebet eines einzelnen sein. Er kann in bestimmten seelsorgerlichen Situationen die Tür zum lösenden Gespräch öffnen.

1. Großer Gott, du liebst Erbarmen, straf mich Armen / doch in deinem Zorne nicht. / Züchtigst du, ach, deine Stimme ruf im Grimme / mich nicht vor dein Zorngericht.

2. Ich bin voller Angst und Schrecken, und es stecken / deine Pfeile tief in mir. / Schwer ist deine Hand. Gebücket, schier erdrücket / lieg ich in dem Staub vor dir.

3. Meine Missetaten steigen hoch und beugen / mein mit Schuld bedecktes Haupt. / Ihre Last drückt mich danieder, meine Glieder / werden aller Kraft beraubt.

4. All mein Wünschen, all mein Hoffen leg ich offen / und verschweige nichts vor dir. / Sind doch Seufzer nicht noch Sorgen dir verborgen: / Ach, Erbarmer, hilf du mir!

5. HERR, ich fleh um dein Erbarmen für mich Armen, / alles in mir harrt auf dich. / Du wirst mich in Wahrheit leiten, für mich streiten, / HERR, mein Gott, sprich du für mich!

6. Offen will ich dir bekennen und dir nennen, / wie ich lebte fern von dir: / Viele Stunden, viele Tage ich beklage, / weil dein Wort nicht war bei mir.

7. Stehe du in meinem Leben mit Vergeben / bei mir und verlass mich nicht! / Ohne dich besteh ich nimmer, zeig du immer / mir dein gnädig Angesicht.

8. Wirst du nicht von allem Bösen mich erlösen? / Bist du nicht mein Gott, mein Teil? / Eile dann, mir beizustehen, hör mein Flehen, / HERR, ich warte auf dein Heil.
Melodie: Straßburg-Genf 1542 / Genf 1551 / Text: nach Matthias Jorissen 1793


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Chormusik zum Genfer Psalter, Domkantorei Berlin
Psalm 104

Unser Psalm „schildert nirgends Ruhe, überall herrscht Bewegung. Die gesamte Welt ist von Taten Gottes getragen und beherrscht, auf die alle Elemente und Kreaturen hin ausgerichtet sind. Und dies alles geschieht aus souveräner, weltüberlegener Macht, tiefer Weisheit und huldvoller Güte heraus. Die gesamte Schöpfung ist zu Gott hin offen, sie ist absolut von ihm abhängig, stirbt ohne ihn. Sie lebt von seiner schöpferischen Tat, die erneuernd fortgesetzt wirksam wird. Mit Gottes ‚kabod’ (=Lichtglanz, Gewicht, Würde) liegt auf der Welt, wie Ps. 104 sie sieht, der Glanz der Königsherrlichkeit Gottes, das Licht einer neuen, anderen Welt, in der Frevler keinen Raum mehr haben. In dieser Welt kann der Mensch auf die Taten und Gaben Gottes nur reagieren mit einem täglichen, abhängigkeitsbewußten Lob.“ (H.J. Kraus)

Ps. 104 ist im Gesangbuch mit zwei großartigen Bereimungen vertreten: von Gerhard Fooken auf die verkürzte Melodie und von Jürgen Henkys in neuer Bereimung für die vollständige Melodiefassung. Beide Bereimungen eignen sich nicht nur zum Singen, sondern auch als Lesetexte. Wer will, kann den gesamten Gottesdienst am Erntedanktag von Psalm 104 her gestalten. Außer in den beiden Reimpsalmen ist der Text des biblischen Psalms in den Liedern 626 und 690 aufgenommen. Einzelne Verse liegen den beiden Kanons 340 und 640 zugrunde.

1. Komm, Seele, sing! Ihr Sinne, feiert mit! / Lobt Gott, der euch im Glanz entgegentritt. / HERR, du bist schön, du bist mit Licht umkleidet, / das unter Menschen Wahn und Wahrheit scheidet. / Du spannst den Himmel. Deine Stürme ziehn. / Voll unbegriffner Botschaft Blitze sprühn. / Erdreich und Meer hast du sich trennen lassen: / hier Berge, Ebnen, dort nur Wassermassen.

2. Doch zwischen Felsen gehen Quellen auf, / du sammelst sie im Tal zum Wasserlauf. / Da trinkt das Wild. Die schönen Fische schwimmen. / Das Uferlaub steckt voller Vogelstimmen. / Du gibst dem regenfeuchten Lande Kraft, / füllst seine Früchte mit Geschmack und Saft. / Aus Saat wächst Brot. Der Wein wächst aus den Reben. / Des Menschen Herz wird stark und liebt das Leben.

3. Von dir sind unsre Zeiten in der Zeit, / der Tag, das Jahr, Frist und Gelegenheit, / der Mond – und Sonnenlauf in ihren Bahnen, / was wir errechnen, was wir nur erst ahnen. / Von dir ist selbst die Finsternis der Nacht, / in der das Unheil schleicht und Beute macht, / von dir der Morgen, wenn die Ängste schwinden / und Mensch und Welt im Werk zusammenfinden.

4. Wie weise deine Werke, HERR, wie groß! / Der Vorrat deiner Hand scheint grenzenlos. / So wollen alle von dir Luft und Nahrung. / Sie sammeln, wenn du gibst: Brot, Gut, Erfahrung. / Sie sind verstört, wenn’s ihnen nicht gedieh. / Wenn du den Atem anhältst, sterben sie. / Du sendest Atem aus, dass Atem werde, / und du erneuerst die Gestalt der Erde.

5. Es freue sich der Schöpfer seiner Welt, / damit sie nie dem Unverstand verfällt. / Wenn unter seinem Blick die Krater rauchen - / nie soll ein Mensch die Welt in Feuer tauchen. / Ich lobe Gott, solang ich Atem hab. / Die Sünder haben kurzen Weg zum Grab. / O würden sie des blinden Wahns doch inne! / Komm, Seele, sing! Und feiert mit, ihr Sinne!
elodie: Straßburg-Genf 1542 / Lyon 1548 / Text: Jürgen Henkys 1992


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 123

„Bezeichnend für den 123. Psalm ist das erwartungsvolle, sehnsüchtige Ausschauen nach dem weltüberlegenen Gott. Die Knechte blicken wartend auf ihren Herrn. Es ist dies ein Ausdruck des Glaubens der unter Schmach und Anfechtung existierenden Gemeinde.“ (H.J. Kraus) Die Neubereimung des Psalms wurde notwendig, weil Matthias Jorissen von einem falschen Verständnis der Psalmaussagen ausgegangen ist.

Die Melodie gehört zu den schönsten im Psalter überhaupt. Sie ist vierteilig gebaut, wobei jeweils zwei Verse zu einem langen Vers zusammengefasst sind. Das ist im Psalter einzigartig.

1. Zu dir im Himmel, HERR, zu deinem Licht / erheb ich mein Gesicht. / Wie auf die Hand des Herrn die Knechte schauen / und seiner Güte trauen, / wie sich die Augen einer Magd nicht wenden / von ihrer Herrin Händen, / so sehen wir in unsers Lebens Not / allein auf dich, o Gott.

2. Erbarm dich, HERR, wie du es stets getan, / und sieh uns gnädig an. / Wir mussten ja seit ungezählten Tagen / der Menschen Wut ertragen. / Wie wurden wir mit Spott und Hohn betrachtet, / entwürdigt und verachtet! / Zu lange schon erleiden wir den Tod. / Erbarm dich unser, Gott!
Melodie: Genf 1551 / Text: Alfred Rauhaus 1992


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 89

„1. Der Psalm redet im Hymnus von dem Gott Israels. Er preist die Unvergleichlichkeit des weltüberlegenen, himmlischen Herren. Alle Mächte und Gewalten sind dem höchsten Gott untertan. 2. Der Psalm zitiert die großen Verheißungen an David und seine Dynastie. Er spricht also von Gottes erwähltem König. Unverbrüchlich gilt die große Grundverheißung. Durch keinen Zwischenfall soll die Zusage aufgehoben werden. - Auf dem Hintergrund dieser beiden Fakten bricht die Klage über die unbegreifliche Verwerfung und Verstoßung der Davididen los. Im Alten Testament ist die Erhöhung und Verwerfung des erwählten Königs (bzw. seiner Nachkommen) eine geschichtliche Realität. Im Bereich der vollen Diesseitigkeit, mitten unter den Völkern, schattet sich das Mysterium des Kreuzestodes und des Sieges Christi ab.“ (H. J. Kraus.)

Die schöne Bereimung von Matthias Jorissen ist zu Recht weithin bekannt. Die Melodie ist sehr gut singbar. Der Psalm kann an jeder Stelle im Gottesdienst verwendet werden.

1. Ich sing in Ewigkeit von des Erbarmers Huld. / Er liebet treu sein Volk, vergibt und hat Geduld. / Mein Mund soll seine Treu und Wahrheit laut verkünden, / dass auch die Enkel Gott, wie wir ihn fanden, finden. / Ja, deine Gnade steigt, sich ewig zu erhöhen, / und deine Wahrheit bleibt im Himmel feste stehen.

2. »Ich habe«, spricht der HERR, »den festen Bund gemacht / mit dem Geliebten selbst, den stets mein Aug bewacht. / Ich habe David mir zu meinem Knecht erkoren / und Treue ihm und Huld mit einem Eid beschworen. / Ich will ihm sein Geschlecht zu aller Zeit beschützen / und ewig seinen Thron mit meiner Allmacht stützen.«

3. Du Unvergleichlicher, der Himmel freuet sich, / sieht deine Herrlichkeit, staunt und erhebet dich, / und deine Wahrheit wird von dir geweihten Zungen / in der Gemeinde hier aus voller Brust gesungen. / Wer in den HimmeIn kann den Thron des HERRN erreichen, / wer von den Königen darf sich mit ihm vergleichen?

4. Die Herrlichkeit des HERRN durchzittert jedes Glied, / wenn die Gemeinde hier im Staube vor ihm kniet. / Und seine Majestät erschüttert all die Seinen, / die dort vor seinem Thron in Heiligkeit erscheinen. / HERR, aller Welten Gott, wie glänzet deine Klarheit / in Allmacht hoch erhöht, umstrahlt von deiner Wahrheit.

5. Wie selig ist das Volk, das sich in dir erfreut, / das deine Stimme hört und kommt und dir sich weiht. / Frohlockend steht es da vor deinem Angesichte / und geht dann seinen Weg, bestrahlt von deinem Lichte. / Dein Nam, ihr hoher Ruhm, gibt Mut, stets fortzugehen, / bis die Gerechtigkeit in dir sie wird erhöhen.

6. HERR, dir allein gebührt der Ruhm von unsrer Kraft. / Wir sehn, dass deine Hand Sieg und Erlösung schafft. / Ja, deine Gnade nur kann Mut und Stärke geben, / und wir verzagen nie, wenn Feinde sich erheben. / Der HERR ist unser Schild, ihm sind wir untertänig, / der Heilge Israels ist selber unser König.
Melodie: Genf 1562 / Text: nach Matthias Jorissen 1793


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 68

Der Psalm nimmt uralte mythologische Vorstellungen auf und füllt sie neu aus der Gotteserfahrung Israels. Die Macht Gottes zeigt sich in der Rettung seines Volkes. Er hat sich auf den himmlischen Thron gesetzt: „Du bist aufgefahren zur Höhe und führtest Gefangene gefangen...“ In Eph. 4, 8 f wird der alttestamentliche Himmelfahrtspsalm auf Jesus Christus übertragen.

Die Bereimung von Matthias Jorissen ist sehr bekannt, insbesondere Str. 6. In den jetzt im Gesangbuch erhaltenen Strophen fehlt allerdings das „Himmelfahrts-Motiv“. Str. 6 wird gern am Ende des Gottesdienstes gesungen, doch können auch die anderen Strophen im Gottesdienst Verwendung finden.

1. Erhebet er sich, unser Gott, / seht, wie verstummt der Feinde Spott, / und wie sie vor ihm fliehen. / Sein majestätisch strenger Blick / treibt, die ihn hassen, weit zurück, / zerstreut all ihr Bemühen. / Seht, ihre Herrlichkeit vergeht. / Sie sind wie Rauch im Wind verweht, / umsonst ist ihr Beginnen. / Wie Wachs beim Feuer schmilzt da hin, / so muss der Bösen stolzer Sinn / vor Gottes Blick zerrinnen.

2. Die Frommen stehen hier erfreut / bei Gottes hoher Herrlichkeit / vor seinem Angesichte, / voll Freude dringen sie hervor / und hüpfen alle hoch empor, / bestrahlt von seinem Lichte. / Lobsinget Gott, die ihr ihn seht, / lobsinget seiner Majestät, / macht Bahn ihm, der da fähret / mit Hoheit durch die Wüste hin. / HERR ist sein Nam, erhebet ihn, / jauchzt laut, die ihr ihn ehret!

3. Der HERR, der dort im Himmel wohnt / und hier im Heiligtume thront, / will unser stets gedenken, / will unsrer Waisen Vater sein, / will unsrer Witwen Richter sein, / und keiner darf sie kränken. / Er ist es, der Verlassne liebt / und ihnen eine Wohnung gibt / nach einer langen Irre. / Er macht sein Volk aus Banden los, / er macht es reich, er macht es groß, / setzt Sünder in die Dürre.

4. Du gabst von deinem Thron Befehl, / erlöstest dein Volk Israel, / du stiegst von deinem Sitze, / o Gott, herab ins Rote Meer, / gingst vor uns in der Wüste her / und bliebst an unsrer Spitze. / Da zitterte der Erdenball, / die Himmel bebten überall, / von Furcht vor Gottes Stärke. / Der Sinai verlor den Stolz, / der Fels erzitterte und schmolz. / Seht Gottes Wunderwerke!

5. Ob Erd und Himmel vor dir bebt, / vor deiner Macht in Ängsten schwebt, / wohnt doch dein Volk in Frieden. / Du öffnest deine milde Hand, / und Regen tränkt das dürre Land, / stärkt und erquickt die Müden. / HERR, deine Güte wird allein / die Zuflucht deiner Herde sein. / Du selber bist ihr Leben, / brichst ihnen Tag für Tag das Brot / und wirst den Armen in der Not / aus deiner Fülle geben.

6. Anbetung, Ehre, Dank und Ruhm / sei unserm Gott im Heiligtum, / der Tag für Tag uns segnet, / dem Gott, der Lasten auf uns legt, / doch uns mit unsern Lasten trägt / und uns mit Huld begegnet. / Sollt ihm, dem HERRN der Herrlichkeit, / dem Gott vollkommner Seligkeit, / nicht Ruhm und Ehr gebühren? / Er kann, er will, er wird in Not / vom Tode selbst und durch den Tod / uns zu dem Leben führen.

7. Durch deines Gottes Huld allein / kannst du geführt und sicher sein, / mein Volk, sieh seine Werke! / HERR, führ an uns und unserm Haus / dein Heil, dein Werk in Gnaden aus, / nur du bist unsre Stärke! / Dann sehen Herrscher deinen Ruhm / und werden in dein Heiligtum / dir ihre Gaben bringen, / sich dir, dem wahren Gotte weihn, / in deiner Gnade sich erfreun / und deinen Ruhm besingen.

8. Ihr Königreiche in der Welt, / lobsinget Gott, der euch erhält, / lobsinget seiner Ehre! / Sein Himmel steht von Anfang schon, / dort hat er ewig seinen Thron, / fährt über Land und Meere. / Hörts doch, wenn seine Stimm ergeht, / er redet laut mit Majestät, / gebt Ehre ihm und Stärke! / Seht, groß ist Gott in Israel / und mächtig tönet sein Befehl / am Himmel, seinem Werke.

9. Gott, machtvoll in dem Heiligtum, / wie königlich strahlt hier dein Ruhm, / wir fallen vor dir nieder. / Der HERR ist Gott, der HERR ist Gott, / der HERR ist seines Volkes Gott, / und er erhebt uns wieder. / Wie er sein Volk so zärtlich liebt, / den Schwachen Kraft und Stärke gibt! / Kommt, heiligt seinen Namen! / Sein Auge hat uns stets bewacht, / ihm sei Anbetung, Ehr und Macht! / Gelobt sei Gott! Ja, Amen.
Melodie: 1543 / Genf 1551 / Text: nach Matthias Jorissen 1793


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Chormusik zum Genfer Psalter, Domkantorei Berlin
Psalm 127

„Es fällt auf, dass in Psalm 127 in einer unüberbietbaren Unmittelbarkeit von dem Walten und dem Wirken Gottes im Leben des Menschen gesprochen wird. Nicht allein die geheimnisvolle Segensmacht Gottes ist Gegenstand der Erwägungen. Gott nimmt fortgesetzt persönlich Anteil an dem Leben des Menschen. Mehr noch: er allein ist der lebenschaffende und lebenerhaltene Herr. Alles Mühen und Sorgen des Menschen, das ohne ihn geschieht, ist vergeblich. Der Mensch lebt ausschließlich von Gottes Eingreifen, Schützen und Geben. Er lebt von der Gegenwart Gottes.“ (H.J. Kraus)

Die Neubereimung geht den Psalm entlang und ist bemüht, insbesondere die Verse 1-5 in eine heute sagbare Fassung zu bringen. Die Melodie ist leicht singbar. Der Psalm kann an jeder Stelle im Gottesdienst verwendet werden, insbesondere dann, wenn seine Aussageabsicht Gegenstand des Gottesdienstes ist. Dies könnte und sollte viel öfter geschehen als üblich, um das segnende Geben Gottes für unseren Alltag stärker ins Bewusstsein zu rücken.

1. Wenn Gott der HERR das Haus nicht baut, / so ist umsonst, was Menschen tun. / Mag niemals auch der Wächter ruhn, / auf den die feste Stadt vertraut, / er späht vergeblich in die Nacht, / wenn Gott nicht selbst die Stadt bewacht.

2. Ihr steht wohl auf beim Morgenrot / und sitzt bis in die Dunkelheit, / erfüllt mit Müh und Plag die Zeit / und esst mit Sorgen euer Brot, / doch eure Hände bleiben leer. / Von Gott allein kommt Segen her.

3. Seht: Kinder, ein Geschenk des HERRN / und Gaben seiner reichen Hand. / Er gibt euch Zukunft und Bestand. / Lobt Gott, ihr Menschen, rühmt ihn gern, / der alles Leben in der Welt / mit seiner Macht schützt und erhält.
Melodie: Genf 1551 / Text: Alfred Rauhaus 1993


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
Psalm 146

„Ps 146 ist durchstrahlt vom Glück des Menschen, der bei Gott Hilfe und Heil gefunden hat. Das Gotteslob erfüllt sein Leben. Der Schöpfer und Heiland wird gepriesen. Der ‚König’ in seiner Macht und Gnade wird geehrt. Zugleich aber wird mit Nachdruck vor dem Vertrauen auf ohnmächtige, hilflose Machthaber dieser Welt gewarnt.“ (H.J. Kraus)

Die Bereimung von Matthias Jorissen ist leicht zu singen. Dabei sollten die Str. 5-7 nicht übersehen werden, die zeigen, für wen das Herz des Gottes Israels schlägt. Der Psalm kann, auch in einer Auswahl einzelner Strophen, zur Predigt hinführen oder ihren Inhalt aufnehmen.

1. Halleluja! Gott zu loben / bleibe meiner Seele Freud. / Ewig sei mein Gott erhoben, / meine Harfe ihm geweiht. / Ja, solang ich leb und bin, / dank, anbet und preis ich ihn.

2. Setzt auf Fürsten kein Vertrauen, / Fürstenheil steht nimmer fest. / Wollt ihr auf den Menschen bauen, / dessen Geist ihn bald verlässt? / Seht, er fällt, des Todes Raub, / und sein Anschlag in den Staub.

3. Heil dem, der im Erdenleben / Jakobs Gott zur Hilfe hat, / der sich dem hat ganz ergeben, / dessen Nam ist Rat und Tat! / Hofft er von dem HERRN sein Heil, / seht, Gott selber wird sein Teil.

4. Er, der Himmel, Meer und Erde / mit all ihrer Füll und Pracht / durch sein schaffendes: Es werde! / hat aus nichts hervorgebracht, / er, der Herrscher aller Welt, / ist’s, der Treu und Glauben hält.

5. Er, der HERR, ist’s, der den Armen, / Unterdrückten Recht verschafft, / gibt mit mächtigem Erbarmen / Hungernden stets Brot und Kraft, / und von Zwang und Tyrannei / macht er die Gefangnen frei.

6. Er, der HERR, ist’s, der den Blinden / liebreich schenket das Gesicht. / Sehet, die Gebeugten finden / bei ihm Stärke, Trost und Licht. / Seht, wie Gott, der alles gibt, / treulich die Gerechten liebt.

7. Er ist’s, der den Fremdling schützet / und die Witwe schirmt im Land, / der die Waisen unterstützet, / ja, sie führt an seiner Hand. / Die ihm ruchlos widerstehn, / lässt er in die Irre gehn.

8. Er ist Gott und Herr und König, / er regieret ewiglich. / Zion, sei ihm untertänig, / freu mit deinen Kindern dich! / Sieh, dein HERR und Gott ist da, / Halleluja, er ist nah!
Melodie: Genf 1562 / Text: nach Matthias Jorissen 1793 / Satz: Claude Goudimel 1565 (Ganzton höher)


Psalm der Woche, Alfred Rauhaus / Audio: Dick Sanderman
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