Provokation

Herausforderung

Absurdes und Nachdenkenswertes aus den sozialen Medien kommentiert von Georg Rieger

Legalisierung

„Wir wissen auch, dass Menschen regelmäßig jemanden umbringen. Deswegen legalisieren wir Morde trotzdem nicht.“ Mit diesem Argument kämpft die CSU-Politikerin Dorothee Bär gegen die Freigabe von Cannabis. Nicht nur der Konsum, sondern auch der Eigenanbau der Pflanzen sollen – in einem begrenzten Maß – erlaubt werden.

Bedenken gibt es viele und manche auch begründete. Aber eben auch solche schiefen Vergleiche und falsche Informationen, zum Beispiel darüber, was die Legalisierung in anderen Ländern angeblich angerichtet habe. Und immer wieder kommt das wissenschaftlich widerlegte Argument, das Kiffen sei der Auftakt zu einer Drogenkarriere.

Die Legalisierung hat nicht die Absicht, den Konsum zu erleichtern. Die Beschaffung ist eh kein wirkliches Problem. Ein großes Problem ist aber die Qualität dessen, was auf bisher illegalem Weg zu bekommen ist. Da wird gestreckt und vermengt – auch billige synthetische Drogen oder andere pflanzliche Halluzinogene werden beigemischt. Aus der Illegalität erwachsen die wirklichen gesundheitlichen Risiken. Die Straffreiheit eröffnet ganz andere Möglichkeiten der Kontrolle, der Aufklärung und der Prävention.


Georg Rieger, NÜrnberg
Arbeitspflicht vs. Arbeitsverbot

Eine weitere Idee, Asylsuchende zu schikanieren, hatte der Landrat des Saale-Orla-Kreises Christian Herrgott. Er will Bewohner*innen von Gemeinschaftsunterkünften zu gemeinnützigen Arbeiten verpflichten. Das wird so voraussichtlich nicht kommen, weil Zwangsarbeit in Deutschland verboten ist . Art. 12 Absatz 2 Grundgesetz: „Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.“

Die vorgeschlagenen Betätigungen sind keine, die nicht von regulär Arbeitenden verrichtet werden könnten. Deshalb wäre außerdem der Mindestlohn fällig.

Gleichzeitig wird Asylsuchenden in Deutschland in ihrem Verfahren lange Zeit keine Arbeitserlaubnis erteilt und werden Sprachkurse verweigert, um eine frühzeitige Integration zu verhindern. Das Bild des arbeitsscheuen Geflüchteten wird also produziert, um es dann gegen diese Menschen zu benutzen und sie zur Arbeit zu zwingen.


Georg Rieger
Spaltung der Gesellschaft

„Üblicherweise sagt man: Es gibt eine gesellschaftliche Spaltung und auf der politischen Ebene wird die eigentlich nur widergespiegelt. (...) Das stimmt aber eigentlich gar nicht. Die Gesellschaft ist nicht so gespalten, sondern die Spaltung wird von oben durch politische Akteure erzeugt. Das kann auch die Politikwissenschaft in vergleichenden Studien sehr gut zeigen, dass überall da Spaltung auftritt, wo Polarisierungsunternehmen sehr aktiv eine solche Agenda setzen und bespielen.“

Steffen Mau, Soziologe, Mitautor von Mau/Lux/Westheuser, Triggerpunkte: Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft | Warum Gendersternchen und Lastenfahrräder so viele Menschen triggern. Zitat aus Podcast „Lage der Nation 369 – Wer spaltet unsere Gesellschaft“ (ab 26:00 Min)


Georg Rieger, Nürnberg
Un-politisch

Deren Chef Adam Mosseri hat für Instagram und Threads angekündigt, politische Inhalte nicht mehr ungefragt in die Timeline der User zu lenken. Wir bekommen politische Posts also nur noch zu sehen, wenn wir deren Autor*innen ausdrücklich abonniert haben (folgen). / Eine wunderbare Idee, um Hass und Hetze auszubremsen!? Aber wer bestimmt eigentlich, was politisch und was unpolitisch ist? Und warum ausgerechnet jetzt zu dem Zeitpunkt, zu dem Widerstand gegen Rechtsnationalismus wächst? / Der Autor und Philosoph Jan Skudlarek hat noch einen Einwand: „Unpolitisch sein muss man sich leisten können. Migranten und Juden können schlecht unpolitisch sein in einem Deutschland, in dem rechtsextreme Straftaten einen Höchststand erreichen.“ (steadyhq.com/de)


Georg Rieger, Nürnberg
Jetzt gibt es Grad-Steit

... darüber, ob die 1,5 schon geknackt sind oder nicht. Der europäische Klimawandeldienst Copernicus wollte schon die Korken knallen lassen, da grätschte der Direktor des Max-Planck-Instituts, Jochen Marotzke, dazwischen: „Aufmerksamkeitshascherei!“ Da habe man wohl „auf der Lauer“ gelegen, um den ersten zusammenhängenden 12-Monats-Zeitraum abzupassen, in dem die Temperatur über der Marke liege.

Tatsächlich wurden die 1,5 Grad von Februar 2023 bis Januar 2024 gemessen – also nicht für ein Kalenderjahr. Und außerdem gelte eigentlich erst ein 20-Jahre-Mittel als Überschreitung, weil Schwankungen und Ausreißerjahre nicht auszuschließen seien.

Bei konstant steigenden Grad-Zahlen (wie in den letzten Jahren) bedeutet das, dass die 1,5-Grad-Marke erst erreicht ist, wenn es de facto schon 1,8 oder gar 2 Grad oder mehr sind. Vielleicht ist die Mittelung also doch keine so gute Idee?

Anderseits: Ändern die Zahlenspielereien etwas an der Dringlichkeit, der fortschreitenden Klimakatastrophe spürbare Maßnahmen entgegenzusetzen? Nein! Aber Danke für die Aufmerksamkeit!

(Quelle: zdfheute 9.2.24)


Georg Rieger
Narzisten unter sich

Trotz des Zerwürfnisses 2018 mit Donald Trump leistet Steve Bannon seinem einstigen Chef weiter Schützenhilfe. Nach einem überwältigenden Wahlsieg „zerstören wir den administrativen Staat“, sagt Bannon voraus. Der herbeigesehnte Anführer (Trump) müsse dieses Mal „freie Bahn“ bekommen. Unter anderem träumt er davon „8 Millionen illegale Eindringlinge (zu) deportieren“.

In diesem Zusammenhang lobt Bannon die deutsche AfD. Sie sei Teil der „globalen populistischen Revolte“. Die Proteste von Hundertausenden seien „durch die Geheimdienste gesteuert“. Bannon beglückt die Welt mit einem zweimal täglich erscheinenden Podcast, in dem er Verschwörungserzählungen zum Besten gibt. (Quelle: zdfheute. Elmar Theveßen)


Georg Rieger, Nürnberg
Sexualisierte Gewalt Der jüngst veröffentlichte Abschlussbericht des Forschungsverbundes ForuM zur sexualisierten Gewalt in der Evangelischen Kirche hat eine erschreckend hohe Zahl von Fällen zum Vorschein gebracht. Und dabei ist die Quellenlage immer noch dürftig. Aus den meisten Landeskirchen wurden nämlich nur die die disziplinarisch behandelten oder bekannten Fälle eingebracht. Die „normalen“ Personalakten konnten aus verschiedenen Gründen nicht durchgesehen werden. Die Erfahrung aus einer katholischen Studie zeigt aber, dass sich genau in diesen unauffälligen Akten eine drei- bis vierfach höhere Anzahl von Fällen verbirgt.
Georg Rieger, Nürnberg
Pfarrpersonen gegen Rechts

Die Berliner Pfarrerin Lena Müller (dritte von links) postet unter @metablabla viel aus ihrem Alltag auf Instagram. Nach den Correctiv-Recherchern über Deportationspläne rechter Gruppen startete sie eine Aktion, der sich viele (auch viele reformierte) Pfarrer*innen anschlossen.

„Natürlich wissen wir: Mit einem hübschen Foto und einem Hashtag ist es nicht getan. Keine Sorge - wir tun weit mehr als das, digital und vor Ort. Aber in Zeiten, in denen Rechtspopulist*innen und Fundamentalist*innen soziale Medien mit ihrer Hetze fluten, finden wir es wichtig, hier klar Stellung zu beziehen.“ (https://www.instagram.com/p/C2K42rztSXG/)

#pfarrpersonengegenrechts


Georg Rieger, Nürnberg
An allem schuld

Schön, dass es manche noch mit Humor nehmen können. Mit Blick auf die Bauernproteste, die sich gegen die Ampel, aber bevorzugt gegen die Grünen wenden, schreibt Erik Marquardt (MdEP):

"Vielleicht müssen wir als Grüne auch grundsätzlich selbstkritischer sein. Nach 30 Jahren grüner Alleinherrschaft in Deutschland, Europa und den Bundesländern ist es schließlich nicht verwunderlich, dass wir die absolute Verantwortung für alle Sachen tragen, die falsch laufen."

(Quelle: https://www.instagram.com/p/C12QHTctM_R/)


Georg Rieger, Nürnberg
Weihnachtliche Eskalationen

Von nichts war vor den Weihnachtsfeiertagen öfter zu lesen als von der Angst vor der eigenen Familie: Junge und gar nicht mehr so junge Menschen wollen sich nicht sagen lassen, dass sie den falschen Job machen oder mit dem falschen Partner zusammen sind. Veganer*innen haben die ewige Rechtfertigung für ihre Essgewohnheiten satt. Immer wieder ist von der Befürchtung zu lesen, dass politische Diskussionen die Familienfeier sprengen.

Wenn Weihnachten dazu genutzt wird, sich gegenseitig fertig zu machen, läuft etwas gehörig falsch. Es zeigt aber auch, wie Familien außerhalb von Weihnachten scheinbar nicht miteinander im Gespräch sind.

Zum Glück waren nach den Feiertagen die Berichte über solche Eskalationen nur wenige. Haben die Verwandten die Posts gelesen und sich zusammengerissen oder waren manche Befürchtungen doch unbegründet?


Georg Rieger, Nürnberg
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