sich abgearbeitet am
In seinem letzten Buch habe Christoph Schlingensief sich abgearbeitet am Katholizismus, meint die Professorin im Radio. Es geht ums Sterben. Mich schaudert bei diesem Ausdruck! Bilder steigen in mir auf, wie einer, der bald gehen muss, wutentbrannt einschlägt auf einen gesichtslosen Popanz, bis beide kaputt zusammenklappen. Eine Aufgabenliste kann ich abarbeiten, einen Aktenberg, auch einen Berg Schulden. Auch mich, meinen Körper, sogar meine Seele kann ich abarbeiten mit jahrelangem Schuften, kann abgearbeitet endlich in Rente gehen. Aber den Katholizismus?
Das Objekt verschiebt sich hier von realen Objekten, die jetzt nur noch Medium sind, auf das eigene Subjekt. Zwei neue Wörter umrahmen das alte. Der geläufige Ausdruck wird reflexiv. Was einst Schweiss kostete, ist nun Hirnarbeit geworden.
Ich kenne Schlingensiefs Buch. Was er sucht, eindrücklich und vorbildlich, ist Versöhnung. Am Ende seines Lebens kehrt er an dessen Anfang zurück. Erlebnisse mit Eltern und mit Kirche werden wach. Zerschlagen wird nichts, aber anverwandelt. Sein katholischer Glaube ist da, aber er setzt sich erwachsen mit ihm auseinander. Er reflektiert, rebelliert, konstruiert. Er ist poetisch tätig, aber nicht destruktiv. Kirche ist nicht Feindin wie für viele Halbintellektuelle, sondern Quelle von Inspiration.
Überlassen wir Arbeit echten Arbeiterinnen und Arbeitern! Falsche sollten lernen, das einfühlsam für sich zu reflektieren, statt sich grobklotzig und ohne selbst dabei zu schwitzen an Anderen abzuarbeiten.
MK