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Jeder nur ein Kreuz!
Einspruch! - Mittwochs-Kolumne von Georg Rieger
Die neueste Provinzposse aus meinem Bundesland (Heimat kann ich das nicht mehr nennen): Die bayerische Regierung hat beschlossen, dass in allen staatlichen Behörden ein Kreuz aufgehängt werden MUSS.
Die Häme in den sozialen Netzwerken ist groß. Doch es wird nichts ausrichten. Der Wahlkampf ist wichtiger und das Fischen am rechten Rand der Gesellschaft das erklärte Ziel. Das rechtfertigt offenbar jeden Widersinn: Das Kopftuch ist ein religiöses Symbol und soll verboten werden. Das Kreuz dagegen ist kein religiöses Symbol, sondern ein Wahrzeichen bayerischer Grundwerte. Ich bezweifle langsam, dass die Aufklärung in Bayern nachhaltig etwas bewirkt hat.
Interessant bei der Lektüre der Reaktionen ist nun aber, dass kirchlicherseits der Widerspruch gegen den Kabinettsbeschluss von der katholischen Seite deutlicher erfolgt als von evangelischer. Der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm begrüßt das Kreuzaufhängen ausdrücklich und merkt lediglich an, dass damit auch eine Verpflichtung zur Menschlichkeit verbunden sei.
Der Bamberger Bischof Ludwig Schick, sonst nicht gerade als ein liberaler Kirchenvertreter bekannt, wendet sich laut katholisch.de gegen den Missbrauch des Kreuzes: "Das Kreuz ist kein Identitätszeichen irgendeines Landes oder eines Staates". Noch deutlicher wird der Bochumer Dogmatiker Georg Essen: "Ich sage das jetzt mal als gläubiger Katholik und Theologe mit Kreuz im Arbeitszimmer: Für mich ist diese politische Instrumentalisierung durch Söder Blasphemie, theologisch eine Häresie und verfassungsrechtlich nur schwer erträglich."
Der katholische Hochschulpfarrer aus der Bischofsstadt Würzburg hat einen offenen Brief an Ministerpräsident Söder geschrieben und ihm vorgeworfen, das Christentum zu missbrauchen, um die Ausgrenzung von Menschen anderen Glaubens zu betreiben. „Ich bitte Sie eindringlich: Beenden Sie den Missbrauch des Christlichen und seiner Symbole als vermeintliches Bollwerk gegen den Islam."
Aus reformierter Sicht bleibt anzumerken, dass das Bilderverbot wohl kaum deutlicher Genugtuung erfahren kann. Symbole und jedwede Vergegenständlichung Gottes laden zum Missbrauch ein. Genau dagegen wendet sich das zweite Gebot nach biblischer Zählung.
(Eine Anekdote noch dazu: Am 19. Mai 2001 kauften zwei bayerische lutherische Synodale für 130 Mark ein Kreuz und schickten es öffentlichkeitswirksam an Kanzler Gerhard Schröder in das neue Kanzleramt nach Berlin. Verbunden mit der Beschwerde, dass das Regierungsgebäude zur Inbetriebnahme nicht gesegnet worden sei. Der damalige Präses der Evangelisch-reformierten Kirche in Bayern, Hartmut Wenzel, der wie Schröder im Lipperland aufgewachsen war, erinnerte ihn an eben jene reformierte Überzeugung und ermunterte ihn, auf das Aufhängen des Kreuzes zu verzichten. So landete das gute Stück im Fundus des Kanzleramts.)
Georg Rieger