Zurück zu den Kernaufgaben

Mittwochskolumne von Dennis Schönberger


© Pixabay

„Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“ (Martin Buber) Wenn Bubers Satz stimmen sollte, hält die Corona-Pandemie uns einen Spiegel vor. Ab März 2020 ist unser aller Leben begegnungsärmer geworden und damit auch unwirklicher. Mit dieser Unwirklichkeit geht Lebensqualität verloren. Dazu gehört v.a. Freiheit.

Die Einschränkungen unser aller Freiheit waren und sind immer noch notwendig. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass viele Menschen auf sich selbst zurückgeworfen sind und unter Einsamkeit leiden. Als Geschöpf und Bild Gottes ist der Mensch nach jüdischem Verständnis zu Beziehungshaftigkeit hin geschaffen. Die beiden (Teil-)Lockdowns sorgten dafür, psychosoziale Dynamiken zu verstärken. Familiär kam es teils zu heftigen, gar gewaltsamen Auseinandersetzungen. Psychosoziale Probleme jüngerer Menschen häuften sich.

Die durch die Pandemie verursachten zwischenmenschlichen Belastungen waren auch in unseren Kirchengemeinden spürbar: Gruppen und Kreise sowie Veranstaltungen waren nicht erlaubt und sind bis heute eingeschränkt. Die Zahl der Gottesdienstbesucher sinkt – aus unterschiedlichen Gründen – weiter.

Damit verbindet sich aber auch eine Chance. Der Gottesdienst als Kernaufgabe von Kirche rückte neu ins Zentrum der Überlegungen von Pfarrer*Innen und Mitarbeiter*Innen. Diese, wenn man so will, kerygmatisch-liturgische Konzentration bietet den Vorteil, die Verkündigung und deren gottesdienstliche Rahmung wieder neu in den Blick zu nehmen. Vielleicht konnten wir so alle wieder (oder zum ersten Mal) lernen, was es heißt, dass wir als Christ*Innen von Gott sprechen sollen, aber nicht von Gott sprechen können. Und dass wir im Wissen um Notwendigkeit und Unmöglichkeit der Verkündigung des Evangeliums Gott die Ehre geben – gerade in einer Pandemie.

Vielleicht kann und konnte vor dem Hintergrund um dieses Wissen-Dürfen gerade die seelsorgerliche und sozialdiakonische Arbeit in unseren Kirchengemeinden angesichts steigender Sterbefälle durch oder mit Covid-19 neue Impulse erhalten. Das Evangelium kann Menschen in Pandemiezeiten Mut machen und will sie hinweisen auf den, der gekommen ist, der mit uns ist und der kommen wird. Ohne die Pandemie kleinzureden, gilt: Wir warten als Kirche auf den Heiland der Völker, der der Messias Israels ist. Und darum wenden wir uns im Hier und Jetzt der Gerechtigkeit unter den Menschen zu.

Diese Einsichten gehören zum Wesen des christlichen Glaubens und so zum Verkündigungsauftrag der Kirche und aller Glieder. Der Gottesdienst ist der Ort, um Menschen Mut zu machen in der sie hier und jetzt treffenden Not. Im Wissen-Dürfen um Jesus Christus hat die Kirche den Menschen ein Wort auszurichten, dass sie anderswo so nicht hören können und das die Kirche ihnen schuldet – ob digital oder analog.