Warum nicht evangelisch?

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim


© Lisa Kötter

Vor einigen Wochen tagte in Fulda die Herbst-Vollversammlung der katholischen Bischöfe Deutschlands. Mich hat es gewundert, wie viel Platz diese Veranstaltung in den Medien einnahm und ganz speziell die Protestaktion katholischer Frauen, die sich für eine Veränderung der katholischen Kirche einsetzt.

Eine Sprecherin der Aktion Maria 2.0 erklärt lang und breit im Heute-Journal, was sie an der römisch katholischen Kirche auszusetzen hat, und ich frage mich: „Und warum wirst Du nicht evangelisch?“

Alles wofür sich die Frauen der Aktion Maria 2.0 so vehement einsetzen, ist in der evangelischen Kirche zu haben. Genau dazu hat es vor über 500 Jahren die Reformation gegeben. Die Trennung zwischen Laien und Klerikern wurde aufgehoben. Auf dieser reformatorischen Erkenntnis basierend konnte später die Gleichberechtigung von Frauen und Männern realisiert werden.

Wer sagt den katholischen Frauen, die gegen die „männerbündischen Machtstrukturen“ ihrer Kirche kämpfen, dass sie in der evangelischen Kirche willkommen sind? Wer sagt den katholischen Frauen, die sich gegen die absolute Monarchie des Papsttums auflehnen, dass es bei der Reformation genau darum ging, die päpstliche Autorität zu hinterfragen? Die Reformbewegung in der römisch-katholischen Kirche hat in Deutschland viele Namen: „Synodaler Weg“, „Maria 2.0“, „Wir sind Kirche“. Die Forderungen lauten, den Zölibat abzuschaffen, das Priesteramt für Frauen zugänglich zu machen und die katholische Kirche zu demokratisieren.

Von Seiten der evangelischen Kirchen hört man dazu kein Wort, als sei es unanständig, daran zu erinnern, dass „wir aus gutem Grunde evangelisch“ sind. Wäre es nicht an der Zeit, mit diesen Reformbewegungen das Gespräch zu suchen?

Ich denke, ein solches Gespräch würde die müde Ökumene wieder munter machen!


Paul Oppenheim