Er gilt als „Schlüsselberuf“ in der evangelischen Kirche. So jedenfalls heißt es programmatisch im EKD-Papier „Kirche der Freiheit“. Es ist ein Dienst, dem in kirchlichen Kreisen heftige Diskussion gilt und der weitere Diskussion verträgt. Deshalb haben der rheinische Präses Nikolaus Schneider und der Leitende Dezernent für Personalentwicklung Kirchenrat Pfarrer Dr. Volker A. Lehnert ein Buch darüber geschrieben; der Titel: „Berufen – wozu?“.
Damit legen die beiden Theologen ein Handbuch vor, das zunächst einmal Ordnung schafft und Übersicht gibt über wissenschaftliche Vorstellungen und kirchliche Verlautbarungen zum Pfarrbild. Vorgestellt wird der Beruf, der mal als Gegenüber zur Gemeinde und mal als ihr integraler Bestandteil aufgefasst wird. Erläutert werden die verschiedenen Verständnisse der Ordination, die teils als ein dem Pfarrberuf vorbehaltene Amtsentsendung ist, eine akademische theologische Ausbildung voraussetzend, teils eine Berufung ins Predigtamt, die neben dem Pfarrberuf auch anderen offen steht, beispielsweise in der Evangelischen Kirche im Rheinland den Prädikantinnen und Prädikanten. Weitere Aspekte sind selbstverständlich auch im Blick: Stichwort Pfarrer im Ehrenamt, Gemeindepfarrstellen versus Funktionspfarrstellen, ferner die konkreten Rahmenbedingungen wie Besoldungsfragen, Dienstwohnungs- und Residenzpflicht.
Vom „Kanzelschwalbensyndrom“ und „eigentümlichen Dynamiken“
Erhellend sind auch die Perspektivwechsel, zu denen die Autoren ihre Leserschaft mitnehmen. Der Pfarrberuf wird betrachtet im Licht der Erwartungen der Gemeindemitglieder und aus der Sicht der Pfarrerinnen und Pfarrer selbst. Das „Kanzelschwalbensyndrom“, die „eigentümlichen Dynamiken“ im Spannungsfeld von Pfarrberuf und Ehe, die gleichzeitige Untrennbarkeit wie Unvereinbarkeit von Beruf und Privatleben im Pfarrhaus – das Buch gibt ein sehr rundes Bild zum Thema.
Berufen – wozu? Nötig sind fünf zentrale Kompetenzen, so der Präses und der Dezernent. Gott loben und von Gott reden: Die theologische Kompetenz steht aus ihrer Sicht natürlich am Anfang. Menschen gewinnen: Zu ihr muss die missionarische Kompetenz hinzukommen. Als Drittes ist die seelsorgliche und diakonische Kompetenz für den Pfarrberuf maßgeblich, „Menschen begleiten“ übersetzen das Lehnert und Schneider. Auch das Lehren bzw. die apologetische Kompetenz gehört zum Pfarrbild, und schließlich die interdisziplinäre Kompetenz, mit Hilfe derer Pfarrerinnen und Pfarrer mit verschiedenen gesellschaftlichen Kräften kooperieren.
Dass Supervision, geistliche Begleitung, Coaching und regelmäßige Fortbildung zu den notwendigen unterstützenden Maßnahmen für den Pfarrberuf gehören, auch das findet ausführlich Raum in diesem Handbuch. Auch durch Personal- und Organisationsentwicklung, also durch persönliche und strukturelle Förderung, muss ein Beitrag zur Weiterentwicklung des Pfarrberufs geleistet werden.
Schwindende Berufsbedeutung in Zeiten der Säkularisierung? Schrumpfende Zahlen? Schneider und Lehnert erden und stellen klar: Pfarrerinnen und Pfarrer sind berufen zur Ausrichtung des Wortes Gottes, zur Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus.
Nikolaus Schneider, Volker A. Lehnert: Berufen – wozu? Zur gegenwärtigen Diskussion um das Pfarrbild in der Evangelischen Kirche, Neukirchener Verlagshaus, Neukirchen-Vluyn 2009, 14,90 Euro
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