Calvin der Erich Mielke von Genf
Protestantische Finsterlinge
"Am entschiedensten gelangte die Muckerei [gemeint ist das heimtückische Scheinheiligentum, d.R.] unter Calvin zu Genf ans Ruder. Sehen wir zu, wie dieser „Mann Gottes“ verfuhr. Genf hatte zur Zeit Calvins kaum das savoyische Joch abgeschüttelt und stand eben im Begriffe, sich recht demokratisch zu entwickeln, als jener finstere Pfaff erschien und nicht eher rastete, als bis eine Muckergesellschaft installiert war. Calvin errichtete zunächst ein Spioniersystem, durch welches er bis in die einzelnen Familien eindrang und nicht nur die Worte behorchen, sondern auch die Mienen beobachten und sich darüber berichten ließ. Dann brachte er den Rat durch listige Manöver so sehr unter seine Gewalt, dass er förmlich absolut herrschen konnte. So erklärt sich, dass alles, was Calvin wollte, geschah. Einmal beleidigte ihn ein sehr angesehener Mann namens Pierre Ameaux; sofort ließ er ihn verhaften, und als derselbe freigesprochen wurde, gebärdete sich Calvin wie toll, erklärte die gegen ihn gefallene Beleidigung als eine „Beleidigung Gottes“, drohte, nicht mehr predigen zu wollen, und forderte abermalige Verhaftung und Verurteilung. Der erschreckte Rat willfahrte; Ameaux wurde verurteilt, öffentlich und im bloßen Hemd, mit einer Fackel in der Hand, auf drei Plätzen der Stadt, wo eigens zu diesem Zwecke Podien aufgeschlagen wurden, niederzuknien und vor dem Richter das gegen Calvin begangene Unrecht zu bekennen und um Gnade zu bitten! — Ein ähnliches Schicksal wie Ameaux hatte der Buchdrucker Dubois, weil er anlässlich eines Streites, der daher rührte, dass er theologische Werke druckte, deren Inhalt nicht ganz mit den Ansichten Calvins harmonierte, eine Herausforderung des Letzteren damit beantwortete, dass er ihn per Heuchler titulierte. — Dabei muss erwähnt werden, dass Calvin selbst die rohesten Schimpfworte gegen andere sich erlaubte; so nannte er z. B. einen alten Mann „Hund“ und dessen Tochter „Hundstochter“, weil dieselben nicht ganz seiner Ansicht waren.
Dass solche Frechheiten zum Widerstand reizten, ist natürlich. Mehrere energische Leute fassten den Entschluss, die Pfaffenwirtschaft zu kürzen, die Verschwörung wurde jedoch verraten, die Häupter derselben mussten sich flüchten und zahlreiche Verhaftungen fanden statt. Zwei wackere Republikaner wurden gevierteilt, eine Anzahl solcher wurde geköpft und Viele in die Verbannung geschickt. — Wie der saubere Patron in Genf hauste — denn er war ja die Seele des Ganzen — lässt sich daraus ermessen, dass in dem Zeiträume von fünf Jahren (1541 bis 1546) 76 Menschen verbannt, 58 hingerichtet und 8900 eingekerkert wurden. Unter den Hingerichteten befanden sich 18 Männer und 16 Frauen, die allein innerhalb dreier Monate des Jahres 1545 lebendig verbrannt wurden, nachdem man ihnen zuvor entweder die rechte Hand abgehauen, sie mit glühenden Zangen gezwickt oder sonst gefoltert hatte (die eigene Mutter des Henkers hatte ebenfalls ein solches Schicksal), weil — nun weil sie beschuldigt wurde, durch Hexerei die damals ausgebrochene Pest erzeugt zu haben! — Dazu muss noch bemerkt werden, dass vor Calvins Zeit diese barbarischen Strafarten in Genf fast gar nicht bekannt waren. — Wegen ihres Glaubens erlitten unter Calvin 33 bekanntere Personen empfindliche Strafen.
Das meiste Aufsehen erregte in dieser Hinsicht das Verfahren gegen Servet, einem Mann, der heutzutage als harmloser Philosophierer gelten könnte. Derselbe hatte in Genf gar nicht gelebt, sondern in Frankreich und berührte Genf nur auf der Flucht nach Italien. Den Katholiken, die ihn verfolgten, war er entronnen, den Protestanten lief er in den Rachen. Servet wurde zu Genf ergriffen und auf ganz besonders lebhaftes Betreiben Calvins dem Scheiterhaufen überantwortet; und Calvin ergötzte sich persönlich an der Vollstreckung dieses Urteils. — War das etwa keine Bestie? — Aber die Frechheit jenes Bibelhelden ging noch weiter; er mischte sich in jede Kleinigkeit. Auf sein Betreiben wurden Tanz und Spiel, ja der Besuch von Wirtshäusern verboten; die Kleidung, Frisur usw. unterlagen einer Zensur, kurzum die Anmaßlichkeit artete förmlich in Lächerlichkeiten aus, und Tyrannei herrschte auf allen Wegen und Stegen. Übrigens ist von der Calvinistischen Herrlichkeit nichts erhalten geblieben, denn schon nach seinem Tode verschwanden die despotischen Einrichtungen."
Nach oben - E-Mail - Impressum - Datenschutz