Der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD); Hermann Barth, sagte in dem Festakt anlässlich der Wiedereröffnung, dies sei ein „Freudentag für die Evangelische Kirche in Deutschland“. Die Einrichtung sei ein „Juwel“, da in ihr „eine reich bestückte Bibliothek, eine leistungsfähige Forschungsstätte und ein stilvoller Versammlungsort“ unter einen Dach vereint sei. Barth: „Wir sind alle von Herzen froh, dass das Juwel wieder funkelt.“ Allerdings könne bei aller Freude nicht vergessen werden, dass hinter der Wiedereröffnung „eine dramatische und schmerzvolle Geschichte“ stehe. Die Johannes a Lasco-Bibliothek, so Barth, sei innerhalb der vergangenen knapp zwei Jahre durch eine „lebensgefährliche Krise“ hindurchgegangen.
Dass es gelungen sei, das Stiftungskapital der Bibliothek weitgehend wiederherzustellen, nannte Hermann Barth „hocherfreulich“. Dies verdanke sich vor allem einem „Kraftakt“ der Gemeinschaft der Gliedkirchen der EKD“. Der Präsident des Kirchenamtes weiter: „Wir haben uns im Zeitalter sei es boomender sei es kränkelnder Finanzmärkte daran gewöhnt, leichthin über astronomische Summen zu reden. Da wirkt es aufs erste nicht besonders spektakulär, wenn die Gemeinschaft der Gliedkirchen der EKD zur Erhöhung des Stiftungskapitals gut sieben Millionen Euro aufbringt. Aber ich kann Ihnen versichern: Jeder einzelnen der beteiligten Gliedkirchen und auch der EKD fiele es leicht, ein paar Vorhaben zu benennen, in die das Geld hätte fließen können - wenn es für die Bibliotheksstiftung in Emden nicht dringender gebraucht worden wäre.“
In dieser Prioritätensetzung, so Barth weiter, komme auch zum Ausdruck, dass es sich die Gemeinschaft der Gliedkirchen eben etwas kosten lasse, ein profiliert reformiertes Element wie die Johannes a Lasco-Bibliothek zu erhalten und zu stärken.
Jann Schmidt, Kirchenpräsident der Evangelisch-reformierten Kirche, Mitglied des Rates der EKD und Vorsitzender des Kuratoriums der „Stiftung Johannes a Lasco Bibliothek Große Kirche Emden“ dankte in seiner Rede für die Solidarität der Gliedkirchen der EKD und allen, die zur Rettung der Bibliothek beigetragen haben. „Wir sind in den vergangenen 18 Monaten einen schwierigen Weg gegangen“, so Schmidt. Eine spekulative Anlage des Stiftungskapitals sowie der Einsatz des Kapitals für den allgemeinen Geschäftsbetrieb und für „Anschaffungen im großen Stil“ hätten das Stiftungskapital in unverantwortlicher Weise zusammenschmelzen lassen. Umso erfreulicher, dass durch das Engagement vieler die Rettung gelungen ist. Der ehemalige Kirchenbau werde nicht nur als Bibliothek genutzt, sondern auch als wissenschaftliches Forschungszentrum und „kultureller Ort“ genutzt. Schmidt: „Hier finden Ausstellungen und Konzerte statt, hier werden Symposien und Seminare veranstaltet oder Gottesdienste gefeiert.“
Michael Beintker, Professor für Reformierte Theologie in Münster und Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates der Johannes a Lasco Bibliothek, legte in einem Festvortrag die bleibende Bedeutung des Buches aus. Beintker sagte in seinem Vortrag unter dem Titel „„Nimm und lies ...“ Gedanken über Buch und Bildung“ unter anderem: „Gute Bücher bilden. Und erst recht bilden Bücher, die an einem Ort wie diesem versammelt sind und ihren Leserinnen und Lesern Einblick in die unterschiedlichsten Epochen, Wissensgebiete und Denkweisen gewähren.“
Gute Bücher, so Beintker weiter, erkenne man daran, „dass sie mit ihren Lesern etwas machen und sie etwas sehen lehren, was sie zuvor nicht wahrgenommen haben und was dann sogar ihr Leben verändert.“ Man müsse Bücher „freilich wirken lassen.“ Und wirken, so Beintker, können Bücher nur, „wenn man sie nicht verschlingt, sondern achtsam und bedachtsam mit ihren Worten umgeht, wenn man sie liest und wieder liest, wenn man sich also Zeit nimmt für sie, weil es sich lohnt, sich in ihnen einzuleben. In einer bewussten Gegenbewegung gegen das effektive Schnelllesen gelte hier der Grundsatz: Weniger ist mehr.“ Deshalb, so der Professor weiter, müsse man gerade nicht alles gelesen haben, „was als lesenswert und bestsellerverdächtig“ gepriesen werde, sondern man dürfe getrost „Lücken haben und sich zu ihnen bekennen“. Die in bestimmten Fragebögen gerne gestellte Frage nach den „drei Büchern, die man auf eine Insel mitnehmen würde“, sei so „ausgesprochen lese- und zugleich lebensfreundlich.“
Beintker kritisierte die Tendenz der Gegenwart, viele Bücher in „kleine Leseportionen“ aufzulösen, denn diese führe zu folgendem Phänomen: "Man liest viel, aber von allem wenig“: Damit aber, so Beintker weiter, büße man das „Verständnis für das komplexe Erfassen von Sinnzusammenhängen und die damit verbundene geistige Anstrengung“ ein. Zwar zeichneten sich laut Beintker die neuen elektronischen Medien durch eine „beachtliche Nutzerfreundlichkeit“ aus, aber „leserfreundlich“ seien sie eigentlich nicht. Denn sehr viele Bücher wollten nicht nur „genutzt, sondern ganz einfach in Ruhe gelesen und durchgelesen werden.“ Die Johannes a Lasco Bibliothek möge ein solcher Ort der Ruhe und des Durchlesens sein, denn, so Beintker: „Bibliotheken können Orte sein, die einem wieder Lust auf den Umgang mit leibhaftigen Büchern wecken.“
Hannover, 30. April 2010
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick
Grußwort von EKD-Kirchenamtspräsident Hermann Barth
Grußwort von Kirchenpräsident Jann Schmidt
Vortrag von Professor Michael Beintker
300 Stühle mussten aufgestellt werden für die Gäste zur feierlichen Wiedereröffnung der Bibliothek.